Motivation und Zielsetzung
Da die Leistungsfähigkeit eines Flugzeugs direkt und untrennbar mit der Leistung des Antriebs verbunden ist, werden ständig Anstrengungen unternommen sowohl die Schuberzeugung als auch die Treibstoffeffizienz von Triebwerken zu erhöhen. Die anhaltenden Anforderungen an die Leistungssteigerung führen dazu, dass sehr nahe an den aerodynamischen, thermischen und strukturellen Grenzen des Triebwerks gearbeitet wird. Dabei müssen die Betriebsgrenzen so gewählt sein, dass ein sicherer Betrieb auch während transienten Notfallsituationen gewährleistet ist.
Durch den Verschleiß von isolierten oder kombinierten Bauteilen kommt es jedoch zu zwei negativen Effekt:
- Der Abstand zu den Betriebssicherheitsgrenzen reduzieren sich
- Transiente Lasten erhöhen sich, wodurch das Triebwerk schneller zu den Grenzen getrieben wird
Als Bespiel dafür ist in Abbildung 1 ein repariertes (grün) und verschlissenes (rot) Kennfeld eines Verdichters mit stationärer und transienter Betriebsline zwischen den Betriebspunkt D und A zusehen. Der Verschleiß führt dazu, dass sich das Kennfeld nach unten links verschiebt und die Betriebsline nach oben. Insbesondere wird der Abstand zwischen Stabilitätslimit und transienten Operationsline signifikant reduziert.
Um diesen Einfluss möglichst genau zu untersuchen, wird in dem Teilprojekt D6 das Leistungsberechnungsprogramm ASTOR (AircraftEngine Simulation for Transiente Operation Research) entwickelt, welches mittels Finiten-Differenzen-Ansatz (FDM) das vollständige Triebwerk diskretisiert. Dafür werden die 1D-Erhaltungsgleichungen für Strömungs- und Energietransport, die Dynamik von rotierenden Maschinen, Reibung und Radialspaltänderung wegen Wärmetransport im Triebwerk berücksichtigt. Das daraus folgende Differentialgleichungssystem ist dadurch in der Lage das dynamische Verhalten des Triebwerks mit wechselseitigen Interaktionen zu berechnen, wodurch höhere Genauigkeiten in transienten Operation erreicht werden können (vgl. zu gewöhnlichen iterativen Leistungssyntheseverfahren). In Abbildung 2 ist das IFAS-Forschungstriebwerk in der Pseudo-Bond-Graph-Notation dargestellt, die den Algorithmus von ASTOR repräsentiert.
Ziel dieses Teilprojektes ist die Bewertung des Einflusses von Verschleiß und Reparatur auf das stationäre und transiente Betriebsverhalten von Triebwerken.
Ergebnisse
In enger Zusammenarbeit mit diversen Teilprojekten des SFB 871 (z. B. A3, B3 und D5) wurde ein digitaler Leistungszwilling des IFAS-Forschungstriebwerk der V2500-A1 in ASTOR erstellt, der neben geometrischen Information auch die Komponenten spezifischen Kennfelder beinhaltet. Dadurch konnte der Einfluss von Verschleiß auf das Betriebsverhalten in verschiedenen Studien simuliert und ausgewertet werden.
In Abbildung 3 sind die transiente Operationslinien von 5 verschieden Triebwerken () bei einer Beschleunigung zwischen Operationspunkt D und A zu sehen. Die grüne Line repräsentiert dabei ein neues Triebwerk, blau ein Triebwerk mit verschlissener Hochdruck-Turbine, schwarz mit verschlissenem Hochdruck-Verdichter und rot/gelb mit verschlissener Turbine und Verdichter. Das rechte Bild stellt den Abstand zur Stabilitätsgrenze (SM) über die Drehzahlen dar (mit Punkten -Transient, gestrichelt-Stationär). Die linke Abbildung den Abstand zwischen transienter und stationärer Betriebskurve. Beide Abbildungen zeigen, dass der Einfluss eines verschlissenen Verdichters für die Stabilitätsgrenzen deutlich kritischer ist als bei der Turbine, was bei der Betrachtung von klassischen Leistungsparameter nicht ersichtlich gewesen ist.
Aktuelle Arbeiten und Ausblick
Im weiteren Verlauf dieses Projektes sind Testläufe mit dem IFAS-Forschungstriebwerks geplant, die zum einen ASTOR experimentell valideren, zum anderen Leistungsverschlechterung durch gezielte Modifikationen untersuchen sollen. Zusammen mit Teilprojekt A3 und A6 werden Modifikationen in der Brennkammer vorgenommen die an verschiedenen Position des Triebwerks detektiert werden sollen, um den Einfluss auf das Gesamttriebwerk zu untersuchen und in ASTOR zu spiegeln.
Des Weiteren ermöglich die FDM des Triebwerks in ASTOR die Simulation von hochdynamischen Effekten, wie z. B. das tiefe Strömungsabreisen im Hochdruckverdichter und die Reaktion auf das Gesamtsystem. Als Bespiel dafür ist in Abbildung 4 der Verlauf vom Hochdruckverdichter während des tiefen Strömungsabrissen zu sehen. Die in grün dargestellten Drosselkurven zeigen bis zur Stabilitätsgrenze den stabilen Bereich des Hochdruck-Verdichters und des Triebwerks dar. Wird auf Grund einer zu schnellen Treibstoffzugabe (Beschleunigung im Notfall) der Verdichter zu strakt gedrosselt, kann dieser in den instabilen Bereich kommen, welches fatale Folgen für das Triebwerk hätte.
Verantwortliches Institut
Das Projekt wird verantwortet durch das Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen (TU Braunschweig).
Teilprojektleiter
Hermann-Blenk-Strasse 37
38108 Braunschweig
Hermann-Blenk-Strasse 37
38108 Braunschweig
Mitarbeiter
Hermann-Blenk-Strasse 37
38108 Braunschweig
Hermann-Blenk-Strasse 37
38108 Braunschweig
Veröffentlichungen
Internationale wissenschaftliche Beiträge in Fachzeitschriften, begutachtet
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(2020): Influence of combined compressor and turbine deterioration on the overall performance of a jet engine using RANS simulation and Pseudo Bond Graph approach, J. Glob. Power Propuls. Soc. 4:296–308
DOI: 10.33737/jgpps/131109 -
(2019): Surface roughness of real operationally used compressor blade and blisk, Proceedings of the Institution of Mechanical Engineers, Part G: Journal of Aerospace Engineering, 1-10
DOI: 10.1177/0954410019843438 -
(2018): Deterioration effects of coupled blisk blades, J. Glob. Power Propuls. Soc. 2:465–476
DOI: 10.22261/JGPPS.CKB8N6 -
(2018): Surface Roughness Impact on Low-Pressure Turbine Performance Due to Operational Deterioration, J. Eng. Gas Turbines Power 140(6): 062601
DOI: 10.1115/1.4038246 -
(2018): Comparison of sensitivities to geometrical properties of front and aft high pressure compressor stages, CEAS Aeronautical Journal 9, 135–146
DOI: 10.1007/s13272-018-0281-8
Internationale Konferenzbeiträge, begutachtet
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(2020): System Dynamics of a Single-Shaft Turbojet Engine Using Pseudo Bond Graph, In: Dillmann A., Heller G., Krämer E., Wagner C., Tropea C., Jakirlić S. (eds) New Results in Numerical and Experimental Fluid Mechanics XII. DGLR 2018. Notes on Numerical Fluid Mechanics and Multidisciplinary Design, vol 142. Springer, Cham.
DOI: 10.1007/978-3-030-25253-3_41 -
(2020): Performance Simulation of Roughness Induced Module Variations of a Jet Propulsion by Using Pseudo Bond Graph Theory, Proceedings of ASME Turbo Expo 2020 Turbomachinery Technical Conference and Exposition GT2020
DOI: 10.1115/GT2020-14456 -
(2019): Jet Propulsion Engine Modelling Using Pseudo Bond Graph Approach, ASME Turbo Expo 2019
DOI: 10.1115/GT2019-90420 -
(2019): Simulation of the Impact of a Deteriorated High-Pressure Compressor on the Performance of a Turbofan Engine Using a Pseudo Bond Graph Modelling Approach, GPPS Peking 2019
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(2019): Numerical Study of Stage Roughness Variations in a High Pressure Compressor, Gas Turbine Society of Japan (Hg.): Proceedings of the International Gas Turbine Congress 2019 Tokyo.